Schweinehaltung in der Stadt Luzern

Wie in vielen anderen Städten hielten die Bürger von Luzern bis ins 15. Jahrhundert ihre Schweine frei in der Stadt. Die Stadtmauern und Tore bildeten eine natürliche Begrenzung, innerhalb derer sich die Tiere frei bewegen konnten. Sie ernährten sich vor allem von Küchenabfällen, die aus den Fenstern geworfen wurden, und fühlten sich "sauwohl".

Um die Schweine ihren Besitzern zuzuordnen, wurden ihnen Muster ins Ohr geschnitten. Die Halter waren meist wohlhabendere Bürger, da sich nur Bessergestellte ein Schwein leisten konnten.

Die Abfälle wurden in die engen Gassen zwischen den Häusern geworfen. Diese Gassen waren oft so schmal, dass es einmal vorkam, dass ein Schwein darin stecken blieb und verendete. Daraufhin wurde festgelegt, dass Gassen breit genug sein mussten, damit ein Schweinchen darin wenden konnte.


Probleme und Veränderungen

Die frei laufenden Schweine sorgten jedoch auch für Ärger. Sie drangen in Gärten ein und fraßen, was sie fanden. Zudem gab es keine sanitären Anlagen, sodass viele Gassen auch als "Schissigässlein" dienten. Der Gestank war allgegenwärtig, und die hygienischen Zustände führten zu einer hohen Säuglingssterblichkeit. Mitte des 14. Jahrhunderts erreichte die erste Pestwelle Luzern, und langsam wurde klar, dass sich etwas ändern musste. Doch es dauerte lange, bis Maßnahmen ergriffen wurden. Noch Ende des 18. Jahrhunderts bezeichnete Goethe Luzern als "Storchennest", ein Hinweis auf die unhygienischen Verhältnisse.


Verbot der freilaufenden Schweinehaltung in Luzern

1469 wurde es schließlich verboten, Schweine frei in der Stadt herumlaufen zu lassen. In einer offiziellen Anordnung hieß es:

„Meine Herren haben allen Bürgern verboten, ihre Schweine frei in der Stadt herumlaufen zu lassen. Wer sich nicht daran hält, muss eine Geldstrafe von einem Pfund zahlen. Falls es wiederholt vorkommt, werden die Stadtdiener die Tiere einfangen. Sollte jemand durch freilaufende Schweine einen Schaden erleiden, wird der Besitzer dafür verantwortlich gemacht, als hätte er den Schaden selbst verursacht.“

Quelle: StALU RP 5A fol. 176r, Eintrag von Melchior Russ d. Ä., 19. oder 26. Mai 1469,
Sammlung schweizerischer Rechtsquellen (PDF)



Ein tragischer Vorfall mit einer Muttersau (1563)

Wickiana [F 15, 389]
Wickiana [F 15, 389]

In der Wickiana, einer Sammlung von Nachrichten aus dem 16. Jahrhundert, wird ein schrecklicher Vorfall aus dem Jahr 1563 berichtet. In Maschwanden im Freiamt kam es zu einem tödlichen Unfall mit einem Schwein.

Im Juni (Brachmonat) wurden einer Muttersau gerade erst die Ferkel weggenommen. Das unbeaufsichtigte Kind einer Familie wurde von der aufgebrachten Sau angegriffen. Das Tier biss dem Kind den Kopf ab, woraufhin es starb.

Quelle: Wickiana, Nachrichtensammlung des Johann Jakob Wick, 16. Jahrhundert [F 15, 389]


Anmerkung zu „Maschwanden im Freiamt“

Der in der Wickiana genannte Ort "Maschwanden im Freiamt" bezieht sich vermutlich auf Maschwanden, eine Gemeinde im Kanton Zürich. Das historische Freiamt liegt jedoch im Kanton Aargau, südlich von Maschwanden. Es ist möglich, dass Maschwanden damals aufgrund seiner Nähe oder politischer Zugehörigkeiten mit dem Freiamt in Verbindung gebracht wurde.