Was sagt Renward Cysat zu Hans von Trient?

Renward Cysat war als 14-jähriger bei der Hinrichtung des Hans von Trient (alias Johannes Lyn) dabei und hat uns auch zu diesem Thema wertvolle Information hinterlassen.

Im Folgenden finden Sie den Originaltext aus der Cysat Collectanea (als Bild), meine freie Uebersetzung in die deutsche Schriftsprache und zuunterst ein Video mit der Uebersetzung auf Neu-Schweizerdeutsch.

Cysat Collectanea,
1, 1/2, S 198
[B. Fol.238v] 9. Mai 1559. Lux Ritter, Schultheiss dieser Stadt, vir insignis humili tamen loco natus, stirbt. Vorhergesagt hat seinen Tod Meister Hans Lyn, ein vortefflicher Bild- und Steinhauer aus Holland, den er zu seinem neuen Palastbau bestellt hat. Und die Ketzerei, die er an ihm gewusst hat, hat er menschlich geduldet bis er der Rechnung halber mit ihm stössig wurde.
Die Sache wurde öffentlich bekannt, so dass er Meister Hans in Gefangenschaft gebracht hat. Letzlich nach viel und langem milden Unterhandeln wurde Hans seiner Hartnäckigkeit wegen, 3 Tage vor dem Absterben des Lux Ritter, mit dem Schwert gerichtet.
Doch ist auf seine Vorsagung nichts zu geben, denn der Schultheiss war krank.

Dieser Mann hatte einen seltsamen Irrglauben, er starb beständig und fröhlich. Ich (Renward Cysat) habe allem selbst zugesehen. Es weinte viel Volk um ihn aus Erbarmen. Von allen Bekannten hat er sich freundlich verabschiedet.

Seine Ketzerei war, dass er glaubte, er wäre ein leiblicher Bruder Christi, und Maria hätte noch drei Söhne nach Christus geboren und er wäre der vierte, oder der letzte. Solches sei ihm in einem dämmrig blauen Lichtlein vor Zeiten in seiner Schlafkammer erschienen. Dafür würde er sterben. Er hat sich auch weder von geistlichen noch von weltlichen Personen davon abwendig machen lassen.
Er hat seine 60 Jahre. Er ist auch fleissig und täglich zur Messe gegangen, hat sich andächtig gezeigt; gab gern und willig Almosen und die erste Münze, die er in seinem Geldsäckel ergriff.

Auf der Richtstatt, wo der Nachrichter ihn enthaupten soll, kniet er nieder und schreit mit lauter Stimme:

"O Herr Jesu Christi, ich befehle dir mein Leib und Seele"

Darüber war alle Welt verwundert, da er ja weder priesterlicher noch anderer katholischer Ermahnung gehorchen wollte.

Aus der Cysat Collectanea 1, 1/2, S 198 frei übersetzt von Ralf Fioretti.



Lesen Sie auch: Die Geschichte des Hans von Trient, aus der Wickiana.