Die Geschichte des Hans von Trient, aus der Wickiana

Aus der Wickiana, der Nachrichtensammlung des 16. Jahrhunderts von Johann Jakob Wick*

Die Wickiana ist in "Alt-Schweizerdeutsch" geschrieben.
Im Folgenden finden Sie ein Video mit der Uebersetzung ins Neu-Schweizerdeutsche, gefolgt vom Originaltext.



Ritterscher Palast und Regierungs-
gebäude des Kantons Luzern
Als schuldhess Lux Ritter zuo Lucern einen kustlichen und gwaltigen buw, eines huses halb, verhanden gehabt, und so er in bis zum end ussgefürt (wo Gott sin läben nütt kürzeret, und bloss eines klafters hoch von der erden uss dem fundament uffgefürt), so hette man der glichen in der eidgenoschafft auch nütt in tütscher nation gehept; desshalb hatt in kein kost noch arbeit duret, wo er verruompt künstler und werckmeyster, die im zuo disem buw dienstlich, gwüsst, hatt er beschickt. Also hatt er auch disen meyster Hansen nütt wöllen dahinden lassen, desshalb hatt er in früntlich beschriben, von wägen siner kunst, welcher mit steinhauwen wyt und breit verrümpt gewäsen.

Als er nun kommen, hatt M. Hans noch vilen verheissungen conditionaliter mit dem schuldhessen ghandlet und under anderem angezeigt, we sines glauben betreffende, volfuort habe, dardurch er villicht in grose gfaar lybs und läbens kommen möchte, derhalben er ims ernstlich ageschlagen. Uff das hatt im der schuldhess Ritter wiederum geantwortet und verheissen, im sölle (so verr er sin wäsen still und by im selbs behalte) nütt args noch nochtheiliges widerfahren. Uff sölliche zuosagung hatt er den dienst angenommen, und haben ein geding mitteinanderen gemacht. Namlich hatt im schuldhess Ritter alle wuchen 4 kronen, ässen und trincken an sinem tisch, darzuo herberig, under und über verheissen. Dess verdings sind sy beyd wol zefriden xin, und hatt sich M. Hans gar wol gehalten mit siner handarbeyt.

Als nun herr schuldhess verschinen jars oberster im Picardy zug worden und vor hin sin eewyb von ihm ussgeiagt, also daheim kein rechte husshaltung gehalten, hatt er M. Hans gebätten, er sölle fürbass fürfaren und dester fürer zuo siner husshaltung auch achten haben, so wölle er im sin besoldung besseren, im all wuchen VI kronen gäben, so lang er dess zugs halb uss sye. Dess ales ist M. Hans wol zefriden xin, hatt sich still, züchtig und gar getragen gegen menklichen. No dem allem hatt sich der zug und krieg dess schuldhess by XIV wuchen verloffen, hatt also XXVIII kronen sich verloffen, welches nun angstanden biss uff Annuntiationis Mariae verschiner fasten. Domals was der pfarrherr von Wyl von S. Benedict, von Hertenstein, gen Lucerne geschikt. wölcher noch dem krützgang und predge mitt herr schuldhessen Ritter zimbis gässen, sampt M. Hansen sinem steinmetz.

Und als herr schuldhess letstlich wol bezächet ward, fieng er an, M. Hansen anzetasten sines glaubens halb, vermanet glich den pfarrherr von Wyl, an in zekeren und zuo erfaren, wess glaubens er sy. Dess widriget sich M. Hans und sprach, er sye nütt hie von disputierens wägen, bätte derhalben in, das er in lasse beliben, wie er es anfangs verheissen. Uff sömlichs ward der schuldhess erzürnt; als er ein guoten trunken ghan, fieng er an, dem pfarrherr zuo Wyl erzellen, wir er habe einen käzerischen glauben, habe nütt gebichtet, und ander vil schmachworten mer, welches in nahin übel geruwen; und diewyl ers aber offentlich grett, hatt er nütt für mögen kommen, sonder hatt sinen worten statt müssen thuon. Darauff hatt M. Hans der rechnung und urlaub begärt, und als der rechnung nach uff die XIV wuchen sines absäsens, wie obstad , kommen sind, hatt herr schuldhess wöllen hindersich zühen und siner verheissung nütt statt thuon, vermeinende, er sölle sich der vier kronen, wie anfangs angenommen, vergnügen lassen, und der XXVIII kroenen geschwigen für die XIV wuchen sines kriegs. Söllichs aber hatt M. Hans nienen wöllen hören denken. Sind also des spans halb für rad kommen.

Nachdem nun M. Hans vor der Herrschaft des grosen unbillens sich erklagt, stund schuldhess Ritter abermal, fieng in an ein käzer schelten, sampt anderen schweren anklagen. Die herren, die des zuohören, kartend an schuldhess gütelich, er sölle M. Hansen siner begär nach ausrichten und bezahlen und sin strass in faren lassen; welches nütt hatt mögen xin, derhalb der rad zuo Lucern verursachet ward, zuo im zegryfen, den grund zuo erfaren, haben in gfenklich angenommen. Als er nun ein guote zyt in der gfenknuss gelägen und von im ettlich irrig artikel usgägen, do man aber an sim letsten end wol gspürt und gsähen, wess glaubens und religion er xin, ist er am montag vor pfingsten vom rad verurtheilt und mit dem schwert gericht.

Als im (wie brüchig ist) der richter dess bluots sin läben im thurn abkünt, hatt er frölich gesprochen: Gott sye globt, das ich dise stund erläbt han. Hat daruff frische, hüpsche kleider in thurn beschikt, darin er sin vergycht verhört. Als er aber für das nüw gebüw dess schuldhessen gefürt, hatt er sich zum dritten mal gestelt und besähen, gsprochen,


Wickiana, Johann Jakob Wick
hette er das sin nütt ghöuscht, were es im darzuo nütt kommen; der schuldhess Ritter sye an sinem tod schuldig; er werde aber das huss nütt ussbuwen. Den dritten tag noch im werde er glich so gross zuosähen haben, als er yezmal hab. 

Als er uff die richtstatt kommen und im die priester vil ermanet und zuogesprochen, doch er sy nütt wöllen hören, hatt er sich unerschrokenlich umsähen, niderknüwet, sin haupt und augen erhept gen himmel und gsprochen:
Jesu von Nazareth, erbarm dich minen; umb dines nammens willen wil ich diesen tod gern lyden. Hatt darmitt sin haupt gestrekt und ist im empfallen.

Den dritten tag darnach ist schuldhess Ritter gestorben. Es sol in ein hart feber ankommen sin. Hatt sich gar unordenlich mit ässen und trinken gehalten, auch in aller völle und wynfrüchte hatt er sich mitt sampt siner purs uff einer ersten mäss in ein kalt wasser gworffen, demnach heimkommen, hat im lassen ein wasserbad rüsten, darin er ein wyl gesässen, so gar kranck worden, das yedermann vermeynt, er wurde angends sterben. Hatt aber also noch VII stund erharret und ist zuoletst verscheiden.
Es hatt der rhat zuo Lucern in, schuldhessen Ritter, erst noch sinem tod gestrafft und gebüsst umb IV tuset kronen, von wägen das er mer holtzes zuo disem sinem buw gehauwen, dan im erlaupt was.


* Der Bericht des reformierten Pfarrers Johann Jakob Wick entstand zur Zeit der Reformation und Gegenreformation. Als protestantischer Pfarrer am Zürcher Grossmünster war Jakob Wick ein Gegenspieler der katholischen Gegenreformation.
Eine hochgradige Befangenheit kann ihm deshalb nicht zu unrecht angelastet werden.
Im Weiteren irrt sich Jakob Wick mit der Aussage, das Haus sei erst ein Klafter über dem Fundament erbaut. Als der Steinmetz und der Schultheiss den Tod fanden, war der Rittersche Palast zu gut zweidrittel fertig.
Trotzdem ist die Wickiana eine hervorragende und gleichzeitig eine der wenigen Quellen zu diesem Thema.

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