Die letzte Hexenhinrichtung in Luzern im Jahre 1675

Nach mehreren Klagen der Dorfbevölkerung verhaftet die Luzerner Obrigkeit am 08. August 1675 die 57 jährige Anna Weibel aus Schongau. Sie wird ins Turmverlies gesteckt und der Hexerei angeklagt. Unter der Folter denunziert Anna Weibel die ebenfalls aus Schongau stammende um die 60 Jahre alte Anna Strebel. Beide Frauen waren im Dorf als Hexen verschrien.

Die zuerst verhaftete Anna Weibel gesteht unter der Folter das ganze Programm, dass üblicherweise bei Folterverhören von "Hexen" herausgepresst wurde: Schadenszauber, Tierverwandlung, Wetterzauber, Teilnahme am Hexensabbat, Hostienfrevel und den Pakt und den Beischlaf mit dem Teufel.

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Hexensabbat, Illustration der Genfer Hexenprozesse von 1570, Wickiana. 
Gemäss Turmbuch gestand Anna Weibel, sich in einen Hasen, Fuchs und Hund verwandelt zu haben; samt einer Gespielin machte sie sich sogar zu einem Huhn.

Zum Wetterzauber von Anna Weibel steht folgendes im Turmbuch: «Die Margret und sy haben in hysin des Teüffelss uf der holen Rütti ein Regen gemacht, wahren beide naß worden, haben in Bach geschlagen. Es habe domahlen auch gehaglet, der Hagel wahre [ ! ] über das hölzli gegen Niderschongen hinahgangen, habe aber nichts geschänt [geschadet]. 

Zur Teilnahme am Hexensabbat steht folgendes im Turmbuch: Anna Weibel von Schongau "bekennt, sy sye uf die Brattelenmatt zu nach gefahren uf einem steken, welches [!] sy angesalbet, aldort haben sy gessen, trunkhen und gedanzet, sy habe gemeint, es sye rechter wyn und sye die Spiss (Speise) wie Pappen gesin, habe sy nicht guot gedunkt, der Böse sye oben an gesessen, nachgentss sye die Anna (Anna Strebel) by ihro unden gesessen, sonst habe sy niemandt kent. 

Im Irrglauben des Hexenwahns glaubten die Gelehrten, dass der Teufel seine "Hexen" taufe und ihnen einen Namen gäbe. Im Turmbuch steht dazu: Anna Weibel von Schongau gestand: "Der Tüfel sey sambt ihro im Bach gestanden und habe mit einem Schüfeli über sye Wasser aben geschütet, sy wüsse aber nit mehr, was er ihro für einen Namen gab." 

Knapp ein Monat nach Ihrer Verhaftung, am 04. September 1675 wird Anna Weibel zum Hochgericht in Emmenbrücke geführt. Das Urteil lautete: Abschlagen der rechten Hand und lebendig ins lodernde Feuer werfen.
Anna Weibel war die letzte "Hexe" die in der Luzerner Herrschaft, dem heutigen Kanton Luzern, hingerichtet wurde.

Die zweitverhaftete Anna Strebel muss eine ganz seelenstarke Frau gewesen sein. Sie wurde während Monaten verhört und gefoltert und befand sich anfangs 1676 noch immer in Turmhaft. Doch Sie blieb standhaft und überstand die Folter. Sie gestand keine der ihr angedichteten Hexereien.

Nach mehreren Monaten wurde man des ergebnislosen Folterns überdrüssig und wegen der aufgelaufenen Kosten handelte die Luzerner Obrigkeit. Anna Strebel wurde ins städtische "Blatterhus"(1) verlegt, wo sie bei "Mues und Brot" bis zu ihrem Lebensende bleiben solle. im Turmbuch steht: "Damit alle Ungelegenheiten und Argwöhn zu Schongen uf gehept syen" und die als Unholdin Verschriene "den Leüten nit mehr in den Augen umgehen müösse". 

Über ihren Gesundheitszustand nach der Folter haben wir keine Kenntnis. Ebensowenig wissen wir, wie lange sie noch gelebt hat. Es darf jedoch vermutet werden, dass die ca. 60 jährige Anna Strebel durch die Folter körperliche Schäden davongetragen hat und vielleicht gar nicht mehr in der Lage war, ihren Lebensunterhalt selber zu bestreiten. Vielleicht war das auch ein Grund, dass sie ins Blatterhus gesperrt wurde und nicht zurück nach Schongau zu ihren verärgerten Nachbarn gehen konnte oder durfte.

(1) Blattern ist ein anderes Wort für Pocken und das "Blatterhus" ist ein Spital für Pocken- und Syphiliskranke.

Quellen:
Bart Philippe, Hexenverfolgungen in der Innerschweiz 1670-1754, erschienen im "Der Geschichtsfreund" Band 158/2005. Seiten 48, 67, 70, 71, 72, 118.
Schacher Joseph, Das Hexenwesen im Kanton Luzern 1400-1675 (1947). Seiten 14, 18, 19, 24, 26, 66, 67, 81.