Morgarten 1315

Am Anfang der Eidgenossenschaft war die Kuh. Das ist kein Witz. Die Eidgenossen waren Meister der Viehzucht. Käse und Kühe waren unsere ersten Exportprodukte. Alle Kulturen dieser Welt kannten die Milch, so auch die alten Helvetier. Schon die alten Römer liebten helvetischen Käse und schätzten ihn als haltbare Truppenverpflegung.
Milch zu Käse zu verarbeiten bedeutet, aus einem hochwertigen, schnell verderblichen Lebensmittel eine hochwertige Konserve zu machen. Eine Kunst, die auch mit modernster Lebensmitteltechnologie nicht weiter optimiert werden kann.

Also mit Morgarten war das so: Die Schwyzer liessen ihre Kühe auf den Wiesen des Benediktinerklosters Einsiedeln weiden. Es kam zum Streit und in der Folge verhängte man über Schwyz den Kirchenbann. Das war für die Menschen damals sehr schlimm, denn die meisten waren tief gläubig. Daraufhin überfielen und plünderten aufgebrachte Schwyzer das Kloster Einsiedeln.

Das war den Beschützern des Klosters, den Habsburgern, zu viel. Herzog Leopold I von Habsburg rief seine Ritter zu den Waffen. Mit dabei waren auch Ritter aus der heutigen Deutschschweiz, so zum Beispiel Ritter von Luzern, Zug, Zürich oder Aargau. Das Fussvolk wurde aus den Untertanen des heutigen Kantons Aargau zwangsrekrutiert.

Zu dieser Zeit waren Ritterheere unschlagbar. Meist kämpften Ritter gegen Ritter. Gegnerisches Fussvolk konnte der schweren Reiterei nichts entgegen halten und wurde einfach niedergeritten. 
Dass sich ein zorniges, wehrhaftes Fussvolk einem Ritterheer entgegenstellt, dieses gar angreift, war zu dieser Zeit undenkbar. 

So erwarteten denn auch die Habsburger beim Strafzug in die Urschweiz auf gegnerische Ritter zu stossen und nach alten, ritterlichen Regeln gegeneinander zu kämpfen.
Sollten keine gegnerischen Ritter da sein, so würde man einfach aufständisches Fussvolk niederreiten. Man würde wohl ein paar Führer der Eidgenossen im nächsten See ertränken und dann würde schon wieder Ruhe und Ordnung einkehren. So musste man wohl im Hause Habsburg gedacht haben.

Die Habsburger sammelten sich in Winterthur und dann in Zug. Das Heer zog durch das Ägerital Richtung Schwyz und traf wohl bei Morgarten auf die Urschweizer.
Was dann genau passierte, weiss niemand. Die Geschichten von herunterstürzenden Felsbrocken und Baumstämmen sind zwar nett anzuhören, mehr aber nicht.
Klar ist jedoch, dass die Urschweizer siegreich aus dieser ersten Schlacht der Eidgenossen hervorgegangen sind.

Schon damals waren nicht wenige Urschweizer kampferprobte Krieger, die in Diensten fremder Herren standen. Diese Profis mussten um die Stärken und Schwächen eines Ritterheeres gewusst haben. Sie wussten, dass sie auf offenem Feld keine Chance hatten und wählten deshalb ganz bewusst unwegsames Gelände für einen Überaschungsangriff.

Man stelle sich vor, das Ritterheer war im Schritttempo unterwegs und wurde von heranstürzenden Eidgenossen überrascht und zum Nahkampf gezwungen. Wegen des Geländes und dem Überraschungsmoment konnten die Pferde gar kein Tempo machen. Die schweren Rüstungen der Ritter waren für den Nahkampf ungeeignet und so waren die leichten Kämpfer der Eidgenossen im Vorteil.

Herzog Leopold I auf der 'Flucht




Wehrhaftes Fussvolk schlägt schwere Reiterei. Das war neu. Seit Jahrhunderten hatte man sowas nicht mehr gehört. Dass es sich nicht ziemt, auf diese Weise, ohne Vorankündigung und Befolgung alter Regeln ein Ritterheer anzugreifen, war den alten Eidgenossen egal, denn es waren nicht ihre Regeln.

Luzern, Zug und Zürich waren damals noch fest in habsburgischer Hand. Die Stammburg der Habsburger war die Habsburg bei Brugg. Das Stammkloster der Habsburger war das Kloster Muri.

Habsburg war ein Adelsgeschlecht, das sich vor allem durch  kluge Heiratspolitik an die Spitze des heutigen Europas gehievt hat. Schon früh griff man nach der österreichischen Krone, man stellte mehrmals den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Der spanische König war auch ein Habsburger und auch im heutigen Lateinamerika waren die Habsburger aktiv. 

Es waren also nicht die "Österreicher", sondern die "Habsburger".

Die Eidgenossen haben die Habsburger u.a. in Morgarten, Sempach und Näfels geschlagen. Anfangs 15. Jahrhundert wurden die Habsburger mit Zustimmung oder auf Geheiss des Königs Sigismund aus ihrem Stammgebiet, dem heutigen Kanton Aargau, vertrieben.
Das war zwar ein harter Schlag, aber keineswegs das Ende der Dynastie.

Morgarten gilt als die erste Schlacht der Eidgenossen und es folgten genau 200 kriegerische Jahre, in denen sich die Schweiz territorial entwickelt hat.

Morgarten war nicht der Anfang der Freiheit noch der Demokratie, sondern eine Etappe auf dem langen Weg zur heutigen Schweiz, dem demokratischsten aller Länder.