Die Herberge zum Rössli und das alte Wasserrecht


Die ehemalige Herberge zum Rössli war das erste Luxushotel in der Stadt Luzern mit eigenem Brunnen. Anfangs des 16. JH war es die bevorzugte Adresse der französischen Ambassadoren. Das Haus zählte um die 20 Betten, plus Stallungen und Futter für Pferde und Vieh, dass gehörte zu dieser Zeit zur ganz normalen Hotel Infrastruktur. Darüber hinaus verfügte das Rössli als Alleinstellungsmerkmal über einen eigenen Brunnen.


Der Gasthof zum Rössli in der Diebold Schilling Chronik:
Diebold Schilling Chronik Folio 310v
Das Bild zeigt den Einzug des französischen Schatzmeisters in Luzern 1509. Im Hintergrund sehen wir drei Museggtürme, den Mändli-, Luegisland- und den Wachturm.
Dann sehen wir drei Steinhäuser, allesamt Gasthäuser, wie wir an den Wirtshausschildern erkennen können: Rechts das Schwert, in der Mitte das Rössli und links der Raben.
Die Wetterfahnen auf dem Dach des Hotel Rössli zeigen das Wappen des damaligen Wirtes, Peter Zumkäs.
Neben dem Wirtshausschild sieht man eine Auffrichtung zum Aufhängen von Zaumzeug. Darunter betritt gerade ein Pferd die Stallungen der Herberge. Das ist genau dort, wo heute der Eingang zum Coop City ist. Im Vordergrund im blauen Mantel reitet der französische Schatzmeister umgeben von bewaffneten Männern. Rechts vor dem Schatzmeister sieht man einen Maulesel mit Geldtruhen der französischen Krone bepackt. Hinter dem Schatzmeister sieht man noch einen Maulesel, der weitere Geldtruhen erahnen lässt.



Aus der Cysat Collectanea, Seite 136:
Brunn zum Rosslin
[Mskr. 1450, Pol. 299R] Zuo wüssen, das mgh.
vor langen zytten, vngfar Ao 15 14, den brunnen,
so jn der herbergzum Rösslj an der Müligaßen
stat, jn jrem kosten vffrichten vnd zuorüsten
laßen, ouch denselbigen derselbigen herberg
(wyl es vormalen die fürnembste vnd der
französischen ambassadoren herberg gewesen
wie noch) und vbergeben mitt dem geding, das der
brunn nüt destominder den nachpuren vnd andem,
wär deßen mangelbar vnd begert, offen
vnd gemein sin sölle.

Auf Neudeutsch zusammengefasst heisst das:
Ca. 1514 errichtet die Stadt Luzern in der Herberge zum Rössli einen Brunnen und übergab diesen mit der Bedingung, dass jeder, der Wasser mangelt oder begehrt, am Brunnen der Herberge zum Rössli Wasser holen darf.

Heute sehen wir vom Hotel Rössli nur noch den Nachfolgebau, das Coop City Gebäude. Aber immer noch gilt das alte Wasserrecht. Noch immer hat das Gebäude einen eigenen Brunnen, muss das Wasser aber für alle bereithalten. Dieses Wasserrecht erhöht den Wert des Grundstücks. Die Grundstücksbesitzerin ist deshalb tunlichst darauf bedacht, das Wasser des Brunnens jedermann zugänglich zu machen, damit ihr niemand das alte Wasserrecht streitig machen kann.

Als ich ein Bub war hiess das Warenhaus EPA und im Untergeschoss befand sich ein schmuckloses Lavabo, wo immer Wasser floss. Das Haus gehört noch immer der «Neue Warenhaus AG» mit Sitz in Zürich. Seit Jahren hat sich der Coop im gesamten Haus eingemietet. Heute befindet sich im obersten Stock im Self Service Restaurant ein kleiner Zierbrunnen, der auch immer Wasser führt. Und auch vor dem Haus befindet sich ein moderner Trinkbrunnen. Damit wird die Bedingung aus dem alten Wasserrecht eingehalten.

Unterer Mühlenplatz mit Sicht auf das Coop City Gebäude, wo früher der Gasthof zum Rössli stand.