Ab 1609 wurden Frauen enthauptet statt ertränkt

Unser bedeutendster Chronist, Renward Cysat, schildert in seiner Collectanea [E. Fol. 408R] unter dem Titel "Wyber Enthouptung" eine bedeutende Änderung in der Luzerner Rechtsprechung:

Nach altem Stadtrecht war es üblich, Frauen, die eines Verbrechens für schuldig befunden wurden, nicht durch das Schwert zu richten, sondern sie zu ertränken – oder, sofern sie der Hexerei bezichtigt wurden, auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Eine Begründung für diese Praxis findet sich nicht.

Doch in jüngerer Zeit mahnten geistliche Seelsorger und Beichtväter, dass das Ertränken ein langsamer und qualvoller Tod sei, der die Verurteilten in tiefe Verzweiflung stürzen und vom Glauben abbringen könnte. Um dieser Grausamkeit entgegenzuwirken, beschlossen die Obrigkeit, der Rat und die Hundert, dass Frauen, die nicht der Hexerei oder Zauberei schuldig waren, künftig – wie die Männer – durch das Schwertgericht hingerichtet werden sollten.
Diese neue Praxis wurde daraufhin eingeführt, wie es bereits in anderen Städten üblich war.

Einige Seiten weiter, auf  [Fol. 51v] erwähnt Cysat einen grausamen Fall von Blutschande: 

Ein Landmann aus der Umgebung Luzerns hatte nicht nur weitere Vergehen begangen, sondern auch seine Stieftochter geschwängert. Beide wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Urs Graf, 1519, einsame Enthauptung einer nach links knieender Frau, vor Seenlandschaft
Urs Graf, 1519, einsame Enthauptung einer nach links knieenden Frau, vor Seenlandschaft.





















So wurde das Urteil auch an der unglücklichen Tochter vollstreckt, die am 23. Dezember 1609 enthauptet wurde – als erste Frau in Luzern, die auf diese Weise ihr Leben verlor. Dieses Ereignis galt als außergewöhnlich und beispiellos.